wie gewaltig wirkt der staat in bezug auf strukturelle gewalt? welche ideen und visionen gibt es für veränderungen und welche formen für reflexions- und lernprozesse – zum beispiel in bezug auf die aufarbeitung von verbrechen im nationalsozialismus und die herstellung von gegenöffentlichkeiten durch das nsu-tribunal?
die reihe bietet anregungen und raum für diskussion auf der grundlage von präsentationen und filmabenden.
donnerstag, 7. dezember, 20h
Film: Das radikal Böse
(Deutschland/Österreich 2013, 93min, Regie: Stefan Ruzowitzky, Sprache: deutsch, Untertitel englisch möglich)
Der Dokumentarfilm von Stefan Ruzowitzky aus dem Jahr 2013 versucht in einer Mischung aus Interviewsequenzen, Reenactement und eingesprochenen Zitaten aus Briefen, Vernehmungsprotokollen oder Tagebucheinträgen Beteiligter an Einsatzgruppenverbrechen, den Motivlagen und psychischen Dispositionen nationalsozialistischer Täter nachzuspüren. Der Film widmet sich damit Fragestellungen, die grundsätzlich für das Verständnis der NS-Verbrechen und generell auch heute für ein individuelles gesellschaftlich verantwortliches Handeln wichtig sind, nicht nur im Hinblick auf eine Prävention von Neonazismus. In der taz wurde der Film mit den Worten „alles was man falsch machen kann“ (Simon Rothöhler, 20.1.2014) verrissen. Wir wollen den Film gemeinsam ansehen und uns danach kritisch mit ihm auseinandersetzen, beispielsweise im Hinblick darauf, welche Vorstellungen über den Nationalsozialismus und insbesondere seine (männlichen) Täter transportiert werden, und was die gegebenen (und andere) Erklärungen für Handlungsentscheidungen möglicherweise mit uns selbst zu tun haben.
donnerstag, 16. november 2017, 20h
film: 2 oder 3 dinge, die ich über ihn weiß
regie: malte ludin (filmlänge: 85min.)
malte ludin setzt sich in diesem dokumentarfilm mit seinem vater, dem nazi-täter hanns ludin, und dessen bedeutung für seine familie auseinander. hanns ludin war repräsentant des deutschen reiches in der slowakei und mitverantwortlich für die deportation der dortigen jüdischen bevölkerung. er wurde 1947 in bratislava hingerichtet. in seinem film aus dem jahr 2004 interviewt malte ludin unter anderem seine mutter und seine schwestern. der aufarbeitenden auseinandersetzung ludins mit der nationalsozialistischen täterschaft seines vaters stehen die abwehr- und rechtfertigungsstrategien eines großteils seiner familienangehörigen gegenüber, in denen sich viele facetten des öffentlichen und gesellschaftlichen umgangs in deutschland mit der ns-vergangenheit widerspiegeln. der film bietet u.a. anknüpfungspunkte um über das nachwirken nationalsozialistischer täterschaften in der deutschen gesellschaft zu sprechen.
die produzentin des films, iva švarcová, wird an dem anschließenden gespräch teilnehmen und auch fragen zum film beantworten.
veranstaltung organisiert von henni & sarah.
homepage zum film: http://www.2oder3dinge.de/
donnerstag, 19. oktober 2017, 19:30h
film: szukając emila – looking for emil
60min, bayrisch/polnisch, eng. & dt. untertitel. regie: angelika laumer und itamar lerner
millionen von menschen mussten im nationalsozialismus im deutschen reich und den von ihm besetzten gebieten zwangsarbeit leisten – für den staat, für nationalsozialistische organisationen, für unternehmen und private haushalte. heute ist dies, nach jahrzehntelangem öffentlichem beschweigen, nahezu vergessen. der dokumentarfilm „looking for emil“ von angelika laumer widmet sich dem erinnernden umgang mit ns-zwangsarbeit im heutigen ländlichen bayern. dazu hat die regisseurin eigene familienangehörige und andere ortsansässige, aber auch ehemalige zwangsarbeiter und -arbeiterinnen interviewt. wir wollen den film als beispiel für die auseinandersetzung mit ns-zwangsarbeit im eigenen familiären nahfeld gemeinsam ansehen und uns danach über eindrücke, erfahrungen in der bearbeitung des themas und andere film-/forschungsprojekte zu diesem thema austauschen.
angelika laumer wird anwesend sein und fragen beantworten.
veranstaltung organisiert von henni & sarah.
zum film: https://www.facebook.com/szuemil/
https://szukajcemila.wordpress.com/
dienstag, 06. juni 2017, 19h
tribunale als möglichkeit widerständiger praxen gegen strukturelle gewalt?
an beispielen von tribunalen diskutieren wir, welche möglichkeiten und visionen diese als widerständige praxis gegen strukturelle gewalt bieten.
eine veranstaltung mit fiona schmidt und isabella greif
die grenzen und leerstellen des staatlichen umgangs mit rechter und rassistischer sowie struktureller gewalt können auch in juristischen auseinandersetzungen immer wieder beobachtet werden. die frage, wie und in welchen formen empowerment gegen strukturelle und staatliche gewalt stattfinden kann, ist damit seit jeher eine wichtige frage für widerständige praxis. deshalb soll ein blick jenseits staatlicher (un)möglichkeiten auf alternative formen und praxen gelegt werden. ein beispiel ist das tribunal »nsu-komplex auflösen«, das vom 17.-21. mai 2017 in köln stattfand. welche möglichkeiten bietet ein tribunal, wenn es darum geht, strukturelle gewalt und rechte und rassistischer gewalt zu thematisieren und aufzuarbeiten? was können tribunale mit blick auf die straffälligkeit des staates leisten? und inwiefern bieten tribunale räume und möglichkeiten für widerständige praxen und politiken?
montag, 20. märz 2017, 19h
wenn der staat gegen sich selbst ermittelt…
grenzen der strafrechtlichen ahndung staatlichen unrechts am beispiel der aufklärung nationalsozialistischer verbrechen
präsentation und diskussion mit henriette freudenberg
in der veranstaltung soll der frage nachgegangen werden, welche systemimmanenten probleme/grenzen bestehen, wenn staatliche amtsträger_nnen „im namen des staates“ unrecht, bzw. strafrechtlich relevante verbrechen und vergehen begehen, der „staat“ also eigentlich gegen „sich selbst“ ermitteln muss bzw. müsste. diese problematik stellte sich sowohl bei den ns-verbrechen und stellt sich heute bei sämtlichen verfahren, bei denen es um das handeln von polizei oder anderen staatlichen organvertreter_nnen, z.b der verfassungsschutzämter geht – eklatante und aktuelle beispiele sind z.b. der sog. „wasserwerferprozess“ im zusammenhang mit stuttgart 21 und im hinblick auf die verstrickungen von mitarbeiter_nnen der verfassungsschutzämter auch das nsu-verfahren in münchen.
nach einer vorstellung der arbeit der zentralen stelle der landesjustizverwaltungen zur aufklärung nationalsozialistischer verbrechen in ludwigsburg unter dem vorgenannten blickwinkel, bietet die veranstaltung raum für gemeinsames nachdenken und diskutieren.
mögliche diskussionspunkte könnten unter anderem sein: gibt es beispiele oder konzepte oder wären neu zu schaffende organe/institutionen vorstellbar, die mit solchen konstellationen adäquat umgehen könnten? inwiefern können strafverfahren dazu überhaupt die geeigneten „instrumente“ sein?
dienstag, 28. märz 2017, 19h
aktuelles aus dem nsu-prozess und die rolle der bundesanwaltschaft
die bundesanwaltschaft ist hauptklägerin im nsu-prozess in münchen. ihre rolle im verfahren und der umgang der behörde mit rechter und rassistischer gewalt sind thema der veranstaltung mit isabella greif und fiona schmidt
nach fast vier jahren wird im nsu-prozess in münchen dieses jahres das urteil erwartet. der nsu-komplex ist weiterhin kaum gegenstand einer kritischen auseinandersetzung in medien, wissenschaft und gesellschaft. auch im nsu-prozess ist der nsu als netzwerk, v-personen und die auswirkungen der taten und die rassistisch geführten ermittlungen für die verletzten und die angehörigen der ermordeten kein thema. dabei hat der staatliche umgang mit rechtem terror im nsu-prozess eine signalwirkung über den gerichtssaal hinaus. die bundesanwaltschaft als oberste strafverfolgungsbehörde hat im nsu-prozess eine äußerst wichtige rolle. sie vertritt im prozess die bundesrepublik deutschland als geschädigte des nsu und die anklage. durch die anklage der bundesanwaltschaft werden die themen des prozesses vorgegeben und andere themen ausgeklammert. darin liegt ein zentraler konflikt zwischen erwartungen der nebenkläger*innen an die aufklärung im prozess und staatlichem selbstschutz. dabei ist der prozess stellvertretend für einen mangelhaften und ausbleibenden staatlichen umgang in strafprozessen gegen rechte und rassistische gewalt und rechten terror.
zentrale fragen der veranstaltung sind daher: wie wird rechter terror vor gericht verhandelt? was wird im nsu-prozess verhandelt? welche rolle hat dabei die bundesanwaltschaft? welche konflikte treten dabei auf?
14.05.2017
„Der Prozeß“ – 4,5 Stunden Film und Diskussion zum Majdanek-Prozess
Wir zeigen am 14.05.2017 von 14:00 – etwa 20:30 die Fernsehfilmproduktion „Der Prozeß“ (1984, 4,5 Stunden Film) in allen drei Teilen. Der Film stellt das Majdanek-Verfahrens gegen Angehörige des Konzentrationslagers Lublin/Majdanek in Düsseldorf von 1975 bis 1981 vor.
alle infos: click
(Bild Stempel „erledigt“ von Tim Reckmann https://flic.kr/p/jwQpCC; geteilt unter der Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/)